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Armut trifft: Aktionstag im Martinushaus

Aschaffenburg (POW) „Ich habe nur diesen einen Job und es reicht hinten und vorne nicht, obwohl ich mein Leben lang gearbeitet habe – und deshalb trifft mich Armut“, sagt Ursula Kasiow aus Stockstadt.

Die 63-Jährige ist geschieden und hat drei erwachsene Kinder, die sie weitestgehend alleine groß gezogen hat. Seit elf Jahren arbeitet sie als Zeitungszustellerin und kommt mit dem Lohn kaum klar. „Ich muss die Miete bezahlen, den Strom, den Sprit – und dann ist auch schon Schluss mit lustig, dann habe ich nicht mehr viel Geld“, erklärt sie ihre Situation. Regelmäßige Friseurbesuche seien nach ihren Worten in dieser Situation nicht drin, geschweige denn Essen gehen oder mal ein Kinobesuch. Wenn sie bald in den Ruhestand geht, muss sie sich voraussichtlich einen Nebenjob suchen, denn die Rente wird wohl nicht reichen.

Am bayerischen Untermain gibt es knapp 40.000 Beschäftigte, die als geringfügig entlohnte Beschäftigte gelten. Der Frauenanteil liegt bei 58,5 Prozent. Betriebsseelsorger Marcus Schuck empfindet die Situation als nicht hinnehmbar. Durch die Inflation und die Verteuerungen im Energiebereich spitze sie sich in diesem Herbst dramatisch zu: „Es muss ganz klar sein, dass man von seinem Lohn gut leben kann“, sagt der Theologe. Doch das werde immer schwieriger, noch dazu in diesem Krisenjahr. Der Verein Grenzenlos, der in Aschaffenburg einen Lebensmittelladen für Bedürftige betreibt, gibt an, dass er aktuell doppelt so viele Kunden versorgen muss wie noch vor einem halben Jahr. Schlecht bezahlte Jobs sind einer der Gründe, warum sich Menschen nicht ohne weitere Unterstützung versorgen können. Schuck hofft, dass durch den jetzt auf 12 Euro erhöhten Mindestlohn manche Notlage aufgefangen wird. Aber er weiß auch schon: „Im Fall von Frau Kasiow wird sich dadurch nichts verbessern.“ Der Betriebsseelsorger befürchtet, dass die aktuelle Krise die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgehen lassen wird. „Viele wissen tatsächlich nicht, wie sie über den Winter kommen sollen“, berichtet er von Gesprächen mit Betroffenen.

Auch deswegen veranstaltet er gemeinsam mit der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) am 15. Oktober einen Aktionstag mit dem Titel „Armut trifft Arbeitnehmer:innen! Gerechtigkeit geht anders“. Mit im Boot sind an diesem Tag die Caritas Aschaffenburg, die Diakonie Untermain, der Verein In Via und die Bundesagentur für Arbeit. Am Vormittag geben die KAB-Bundesvorsitzende Beate Schwittay und Bernhard Emunds, Professor für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie, Impulse zur aktuellen Situation beim Thema Armut. Am Nachmittag sind verschiedene Workshops und Gesprächsforen geplant. Da geht es dann um Themen wie den Fehlstart ins Arbeitsleben, um Visionen für eine andere Arbeitswelt oder um Hilfen im Bürokratiedschungel. Parallel zur Veranstaltung kann man im Foyer des Martinushauses die Karikaturenausstellung „Arbeit ist das halbe Leben“ besuchen. „Wir wollen an diesem Tag auf die Menschen schauen, die in prekären Arbeitsverhältnissen sind und nicht gerecht entlohnt werden“, sagt Schuck über die Veranstaltung. Er hofft, dass sowohl ehrenamtlich Engagierte, von Armut Betroffene und Menschen, die an verantwortlichen Stellen mit dem Thema befasst sind, teilnehmen.

 

Der Aktionstag „Armut trifft Arbeitnehmer:innen! Gerechtigkeit geht anders“ findet am Samstag, 15. Oktober, von 9.30 Uhr bis 16 Uhr im Martinushaus, Treibgasse 26 in Aschaffenburg, statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Weitere Infos unter: https://www.kab-wuerzburg.de/armut_trifft.

 

Ein Radiointerview zum Thema finden Sie hier: