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Nachrichten

Irland & Herzland - Streiflichter einer Reise

Begegnung und Stille Tage – „Der strahlende Himmel reicht weiter als wir uns vorzustellen vermögen“ - zu einer Begegnungsreise mit stillen Tagen waren 30 haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende im kirchlichen Dienst unterwegs im Westen und in der Mitte Irlands. Selten sind an anderen Orten die Elementarkräfte der Natur so spürbar präsent wie in Connemara, einer Region im Westen Irlands. Das ständige Wechselspiel von Licht und Schatten, das Aufeinandertreffen der Berge mit den Wogen des Atlantik, die Kontraste von Stille und rauer Dramatik sind wie ein Spiegel für die schier unauslotbaren Facetten menschlichen Daseins.

Von der Aussicht, auch das eigene Leben in einem solchen Freiraum erkunden und betrachten zu können, haben sich dreißig Teilnehmer*innen - hauptberuflich oder ehrenamtlich engagierte Mitarbeitende in Pastoral und Caritas – locken lassen. Das Referat Geistliches Leben der Diözese Würzburg hatte in Kooperation mit dem Martinusforum e.V. Aschaffenburg, sowie mit dem Europäischen Bildungs- und Begegegnungszentrum (EBZ) Irland und Gaeltacht-Reisen, Moers, ein abwechslungs- und erfahrungsreiches Programm vorbereitet.
Eckhard Ladner, Studienleiter im EBZ ist unser bestens kompetenter Reiseleiter für die kommenden Tage und empfängt uns an diesem Pfingstmontag 2019 am Flughafen in Dublin. Mit einem kurzen Zwischenstopp in Cong, für manche das schönste Dorf im Westen Irlands, bringt er uns aus der irischen Hauptstadt direkt zu unserem Quartier nach Leenane am Killary Harbour, Irlands einzigem echten Fjord. Das Leenane Hotel erweist sich als ein äußerst freundliches, gastliches Haus, gewährt freien Blick auf Fjord und Berge und wird idealer Ausgangspunkt für unsere „Spurensuche".

Diese „Spurensuche" beginnen wir am nächsten Tag mit einem Besuch im Nationalpark von Connemara. Ein nachdenklich stimmendes Morgenlob auf dem unmittelbar benachbart gelegenen Friedhof für die jugendlichen Toten der ehemaligen „Industrial School" (eigentlich eine sog. Besserungsanstalt), die vom Orden der Christian Brothers geleitet wurde, eröffnet den Tag. Es zeigt die klaffende Wunde zwischen Anspruch und Wirklichkeit – nicht nur in Vergangenheit und Gegenwart der irischen Kirche. Da tut es gut, anschließend für eine ganze Weile auf den Wegen des Nationalparks unterwegs sein zu können, ob zum Gipfel des Diamond Hill mit wunderbarem 360°-Ausblick auf die Connemara Berge und das Meer, oder auf den Rundwegen mitten durch die überraschend vielfältigen Erscheinungsformen der Flora und Fauna des Landes.
Kylemore Abbey zeigt sich uns von seiner schönsten Seite, weil wir – über die Bilderbuch-Schönheit von „Abbey & Gardens" hinaus und auf Vermittlung von Eckhard Ladner - eine ganze Stunde lang mit der Oberin der Benediktinerinnen, Sr. Maíre Hickey, über die spirituelle Aufgabe des Ortes und des Ordens im Gespräch sein können. Kylemore gehört zu den „must have been" Orten des irischen Tourismus, und entsprechend viele Menschen sind tagtäglich nach der einladenden Gastlichkeit des Ortes, seiner Geschichte und seiner Schönheit auf der Suche. Es ist eine große Herausforderung für die Nonnen des Benediktinerinnenordens, Wirtschaftlichkeit und Verantwortung für das Anwesen und die Angestellten mit einem echten, nicht vereinnahmenden, spirituellen Angebot zu verknüpfen, das Besuchern und den Schwestern den nötigen Freiraum ermöglicht. Die strahlende Zuversicht, die spürbare Echtheit und Bodenständigkeit von Sr. Maíre hinterlässt tiefen Eindruck bei uns. So ist beim stimmgewaltigen Abendlob am Fjordufer vor dem Hotel dankbarer Gesang zu vernehmen.

Tag drei unserer Begegnungsreise beginnen wir mit einer Eucharistiefeier bei „Our Lady of the Wayside", bevor wir uns auf den Weg zum Croagh Patrick, dem heiligen Berg der Iren, machen. Das „Hungerschiff" am Fuß des Berges bringt uns in Kontakt mit der Auswanderungsproblematik, die Irland nicht nur aufgrund der großen Hungerkatastrophe im 19. Jahrhundert immer wieder außer Atem kommen lässt. Ein Teil der Gruppe kann dies recht bald unmittelbar körperlich nachempfinden, denn der Aufstieg zum Gipfel des Croagh Patrick erfolgt an diesem Tag nicht nur über Unmengen von Geröll, sondern auch bei heftigen Windböen, die über die steile Scharte des Berges fegen. Wir sind froh über feste Schuhe und gute Kleidung, und erschrocken über die Leichtfertigkeit, die uns in Gestalt von rot und blau gefrorenen Beinen, leichten Sommerkleidern, zerfetzten Sandalen und teils ängstlich geweiteten Gesichtern beim Gang über Stock und Stein entgegen kommt. Auf dem Gipfel gibt uns im wahrsten Sinn des Wortes die „Kirche" des hl. Patrick Schutz und Schirm für eine Mittagspause, und sogar kurze sonnige Ausblicke auf die Inselwelt der Clew-Bay und die Berge von Mayo und Connemara sind uns vergönnt, bevor wir wieder gemeinsam den Abstieg antreten.
Die inspirierenden Glasfenster der Kirche in Newport, die spannende Ausstellung im National-Museum of Country Life in Castlebar und ein Abstecher nach Westport sind parallel an diesem Tag die Wegstationen für die „Nicht-Wanderer", bestens geführt und informiert vom Reiseleiter des EBZ. Auf der Rückfahrt durch das idyllische Doolough-Valley bewegen wir uns zugleich ein Stück zu Fuß in den Spuren eines Hungermarsches der damaligen Bewohner von Louisburgh – viele bezahlten ihn damals mit ihrem Leben. So beschließt an diesem Tag ein durchaus nachdenkliches, gemeinsames Abendlob am Fjordufer die reichhaltige „Spurensuche".

Tag vier bringt uns via Maam´s Cross zum Hafen von Rossaveal, von wo das Schnellboot uns nach Inishmore, der größten der drei Aran-Inseln, übersetzt. Am Hafen erwartet uns bereits Dara Molloy, „Celtic Celebrant" und Verfasser eines besonderen Reiseführers über die Insel. Dara eröffnet mit seiner ausgesprochen freundlichen und einladenden Art einen Zugang zur Welt der keltischen Spiritualität und Geschichte der Insel, der immer von Respekt und Freiraum für die persönliche spirituelle Prägung der Teilnehmer*innen gekennzeichnet ist. Die „Seven Churches", das bekannte „Dún Aengus Fort", sowie sein Zelebrationsplatz an der St. Ciaran´s Church sind die Orte, an denen wir mit Dara Molloy im Gespräch sind und sehr viel über die geschichtlichen Hintergründe und die alten keltischen Rituale erfahren. Wer wollte, durfte am Wunschbaum ein Band anbringen, konnte die heilige Quelle umrunden und Wasser schöpfen, oder auch ein Tuch durch den alten Sonnenuhr-Stein ziehen, an dem Verträge geschlossen wurden und andere Rituale stattfanden. Die Verbundenheit mit den Elementarkräften lässt sich auf Inishmore nicht nur auf den Klippen von Dún Aengus intensivst spüren. Daras Ausführungen erschließen ungewohnte Räume für unsere Spurensuche und viel zu schnell ist der Zeitpunkt der Rückfahrt gekommen. „Der strahlende Himmel reicht weiter als wir uns vorzustellen vermögen" - das Gebet beim Abendlob bringt die Erfahrung des Tages auf den Punkt.

Weil wir am fünften Tag erneut einen Gottesdienst in der Kirche der „Lady of our wayside" feiern – und schon in freudiger Erwartung einer besonderen Begegnung sind - fällt die geplante Connemara-Rundfahrt etwas kürzer aus und wir fahren auf ziemlich direktem Weg in die Universitätsstadt Galway. So bleibt dort genügend Zeit, zunächst das umtriebige Flair dieser angehenden Kulturhauptstadt mit den vielen Straßenmusikanten und Studenten zu genießen, die „Shop-Street" beim Wort zu nehmen, aber auch z.B. der St. Nicolas´s Cathedral einen Besuch abzustatten.
In einem Hörsaal der Universität treffen wir dann Prof. Dr. Dáibhí Ó Cróinín, Professor für Geschichte an der National University Galway und Spezialist u.a. für die Geschichte und Literatur Irlands im Mittelalter. Der weitreichende Einfluss irischer Mönche auf dem europäischen Festland hat nicht nur für Würzburg und nicht nur in Gestalt der „Frankenapostel" Kilian, Kolonat und Totnan deutliche Spuren hinterlassen und wird in einem spannenden Gespräch den „Kindern in Franken" erschlossen. Ob die Missionierung Irlands und die Ausbreitung des Christentums nun eine „feindliche Übernahme" der keltischen Spiritualität, oder doch ein gelungenes Beispiel für „Inkulturation" war, oder was von der sog. keltischen Spiritualität überhaupt wissenschaftlich belegbar bzw. was gutgemeinte freie „Erfindung" ist – die Zeit ist zu kurz, um alle Fragen zu klären, aber wir nehmen viele äußerst interessante Wegweiser für die eigene Spurensuche mit. Auch diese spannende Begegnung mit einem herzerfrischenden und leidenschaftlichen Wissenschaftler hat unser Reiseleiter Eckhard Ladner ermöglicht.

Seiner kompetenten Führung vertrauen wir auch am Tag sechs unserer Reise. Der fällige Abschied von Leenane und Connemara fällt uns nicht leicht. Eine herrliche Fahrt entlang des Lough Corrib und ein Morgenlob in den Ruinen der ehemaligen Augustiner-Abtei in Cong trösten uns über den fälligen Abschied hinweg. Der Besuch der Klosteranlage von Clonmacnoise am Ufer des Shannon bringt uns unterwegs erneut in intensiven Kontakt mit der Geschichte des irischen Mönchtums. Die markanten Hochkreuze geben Zeugnis von der historischen und spirituellen Bedeutung dieses Ortes. „Handgreiflich" wird die Verknüpfung keltischer Spiritualität mit christlicher Symbolik in der sog. „Nun´s Church" in einem reich dekorierten Eingang und Chorbogen. Es bleibt genügend Zeit, um die Atmosphäre des Ortes in Ruhe aufzunehmen, es gibt ein überraschendes Zusammentreffen mit einer anderen fränkischen Pilgergruppe, eine Kaffeepause, den weiten Blick auf die Shannon-Ufer und die Hausboote ...
Am späten Nachmittag erreichen wir dann das Retreat-Centre Mount Saint Anne´s in Portarlington, unseren Stützpunkt für die kommenden stillen Tage. Die Presentation Sisters, die das Exerzitien- und Tagungshaus betreiben, empfangen uns mit großer Herzlichkeit und nach einem schmackhaften Abendessen eröffnet ein Gottesdienst in der schön gestalteten Kapelle des Hauses die folgenden stillen Tage.

Auch wenn die Umstellung der kommunikativ aufgeschlossenen Gruppe zunächst nicht leicht fällt, so sind doch das tagsüber durchgängige Schweigen und die Tagesstruktur mit dem Angebot für ein gemeinsames Morgenlob, persönliche geistliche Begleitung, einer geistlichen Lesegruppe, einem Mittagsgebet und der abendlichen Eucharistiefeier ein hilfreiches „Geländer" für die Spurensuche in der eigenen „Mitte". Impulse zum Paradiesgarten als biblische „Landschaft" legen die Spur für diesen Sonntag. In der Lesegruppe zu Texten von John O´Donohue geht es um „Sehnsucht" und „Zugehörigkeit", der weitläufige Park und Garten des Retreat-Hauses bietet vielfältige Orte für Besinnung und Reflexion.

Leibwahrnehmung und die Übung des Sonnengebets, eine gemeinsame Schweigezeit, sowie gemeinsames Gebet um Frieden und für das Leben der Welt – die Elemente der Morgenfeier eröffnen auch den zweiten Tag im Retreat-Centre. Impulse zu „Berg" als biblische „Landschaft" laden ein, die inneren und äußeren „Berge" des eigenen Lebens zu bedenken. In den Begleitgesprächen und der abendlichen Eucharistiefeier kann so manches Auf und Ab auch zur Sprache kommen.

Am letzten ganzen Tag unserer Irlandreise machen wir uns auf den Weg nach Kildare. Die Heilige Brigid baute dort an der Stelle eines Heiligtums einer Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin ein Doppelkloster für Mönche und Nonnen, und sorgte dafür, dass das aus heidnischer Zeit übernommene „heilige Feuer" nun auch in Form des „Ewigen Lichts" weiter gepflegt wurde. Dies erklärt auch die Ausstattung der Skulptur an Brigid´s Well, wo wir bei einem Morgenimpuls zu „Galiläa" als der dritten biblischen „Landschaft" verweilen. Dass aktuell eine Bischöfin der anglikanischen Church of Ireland die Vorsteherin der St. Brigid´s Cathedral ist, schließt nicht nur einen bedeutsamen geschichtlichen Kreis, sondern stellt auf eigene Weise die Frage nach der Rolle von Frauen in der zeitgenössischen Kirche.
Das Nationalgestüt ist zwar eher ein Treffpunkt für Pferdeliebhaber*innen, eröffnet uns aber Zugang zu zwei besonderen Gärten. Im japanischen Garten lässt sich der eigene Lebensweg trefflich meditieren, Pflanzen und Wege führen durch die entsprechenden „Jahreszeiten" und setzen bedenkenswerte Impulse. Es gilt nicht nur dort zu entscheiden, ob man dem „Pfad des bequemen Lebens" oder dem schmalen „Pfad der Weisheit" folgen will. Im „St. Fiachra´s Garden" wiederum inspiriert nicht nur die nachdenkliche Mönchsfigur des Patrons der Gärtner in der Mitte des Gartens, sondern viele verschlungene Wege, Wasserläufe, Steinmonumente, Bienenkorbhütten und alle Grünschattierungen aufgreifende Pflanzen lassen die Kraft der irischen Landschaften erahnen und fast vergessen, dass es sich um eine künstlich angelegtes Gelände handelt.
Strahlender Sonnenschein und die edlen Pferde auf den weiten Koppeln, verspielte Fohlen, rassige Rennpferde, Stuten edlen Geblüts, alles in allem ein harmonisches Setting für weitere Facetten der persönlichen Spurensuche, die an diesem Tag auch noch zu St. Brigid´s Cathedral in Kildare´s Stadtmitte führt, deren Kostbarkeiten uns Paddy, lokaler Kirchenführer, humorvoll nahebringt.
Nach der abendlichen Eucharistiefeier trifft sich die Gruppe zum Abschlussabend. Mit herzlichen Worten und ausdrücklichen Geschenken werden Eckhard Ladner als „aufmerksamer irischer Reiseleiter und kompetenter Fachmann in Sachen Irland & Herzland", sowie Domvikar Paul Weismantel und Pastoralreferent Hermann Simon als „Initiatoren, Organisatoren und Geistliche Begleiter der Reise" belobigt und bedankt.

Die Abreise naht. In der abschließenden Eucharistiefeier am Mittwoch-Vormittag kommen auch die persönlichen Eindrücke der Teilnehmer*innen zur Sprache und münden ein in Gotteslob und Dank für die vielfältigen Erfahrungen in einem Land, das zu Herzen geht und sich zugleich als Kraftquelle erweist. Ein stärkender Lunch, das „Lied der Franken" als Dankeschön an die gastfreundlichen Schwestern und ihr Team, ein Gruppenfoto auf der Schwelle des alten Herrenhauses von Mount Saint Anne´s und schon geht es über die Autobahn in Richtung Flughafen. Herzlicher, auch wehmütiger Abschied von „Eckie" und seinem Bus, und wenige Stunden später sitzen wir im Aer Lingus Flieger nach Frankfurt, das Herz voller Namen, Bilder und Wegweiser für die alltägliche Spurensuche im persönlichen Leben, voll Dankbarkeit für all die vielen Menschen, die diese Reise durch ihr Zutun ermöglicht und bereichert haben.
Hermann Simon

 

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